Vom Backen: Timpen, Knappkuchen und Papenmuskes

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Erntedankfest auf dem Gutshof um 1955

Früher war es in hiesiger Gegend und auch in Willebadessen nicht möglich, ein Kaufbrot zu erwerben, das kam erst nach 1870 hier auf. Die Leute backten selbst. So alle 8 bis 18 Tage holte man sich vom „Bäcker" eine kleine runde Holzschale „Sauern" und säuerte in einem großen Holztrog daheim Brot ein. Am anderen Morgen knetete man diesen Teig, der über Nacht zwei- bis dreimal so hoch geworden war, noch einmal mit Mehl durch. Dann tat man alles in einen groben weißen Leinensack und ging damit zum Bäcker, zum „Backhaus", wie man sagte. Dort versammelten sich alle Morgen 15 bis 20 Frauen, die backen wollten. In der Backstube waren lange Tische an den Wänden, an der vierten Wand, der mit Holz beheizte Backofen. Jede Frau suchte sich an den Backtischen einen Platz aus. Dann schüttete sie ihren Knetteig darauf und verstand es, schöne große Brote zu formen, die sie mit einem Zeichen versah. Etwas Teig ließ, man übrig. Davon mußte man den doppelten Sauern an den Bäcker zurückgeben. Erntedankfest auf dem Gutshof um 1955. Auf dem letzten Fuder der Erntehahn.

Von dem letzten Rest backte man „Timpen" oder „Kalten Kuchen“. In den Rest schüttete man Milch und knetete mit Weizenmehl aus, rollte zentimeterdick aus, formte dreieckig oder rund, stach mit einer Gabel öfter hinein und buk es vor dem Brot her ab. Um 10 Uhr brachte man dann schon den Kindern dieses brötchenähnlich schmeckende Gebäck. - Dann war die Arbeit der Frauen beendet, sie gingen heim. Der Bäcker schob die Brote ein und backte aus. Für ein Brot bezahlte man 1910 etwa 5 bis 10 Pfennig an Backlohn. Nachmittags holte man dann eine Karre voll Brot vom „Backhause" ab. Somit sparte man zugleich, denn altes Brot ist nicht nur gesünder, sondern auch sparsamer. - An den Festtagen gab es Knappkuchen, aber nur eine Platte, denn 6 bis 12 Eier gingen dazu. Im übrigen wurden Platenkuchen gebacken und süße Stuten, die man „Püssels" nannte. - Zu Ostern gab es viereckige „Papenmüskens", - ähnlich wie heute Schnecken.

Zu erwähnen wäre noch, daß die Kinder zu Weihnachten einen Teller voll Leckereien erhielten: Spekulatien, Nüsse, Apfel, ein Stück weißen oder braunen Zucker und getrocknete Pflaumen. Wenn das Christkind dazu noch 1 Paar Strümpfe oder eine Schürze brachte, so war es reich gewesen.

A. Conze