Neue Westfälische (03.03.1995): "Nur altes Eisen bleibt vom kühnen Turm"

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Neue Westfälische, 03.03.1995)
Nur altes Eisen bleibt vom kühnen Turm

Fast 27 Jahre lang war er das Wahrzeichen der Egge: Jetzt bleibt von der kühnen Stahlkonstruktion auf dem Bergkamm bei Willebadessen nur noch altes Eisen. Innerhalb von nur zehn Tagen wird der einst stolze Recke von 150 Höhenmetern derzeit demontiert und dann verschrottet.
Mit Hilfe eines über 150 Meter hoch ausgreifenden Spezialkranes demontieren seit Montag fünf Fachleute einer Braunschweiger Firma den ehemaligen Sendeturm, der schon vor zwei Jahren seine "Arbeit" an den unmittelbar daneben gebauten Betonturm abtreten mußte.
Telekom-Pressesprecher Diplomingenieur Reinhold Hildebrandt: "Die Anforderungen waren halt gewachsen und eine Nachrüstung wäre schon aus finanziellen Gründen nicht möglich gewesen."
In nur zehn Tagen wollen die Braunschweiger mit dem Abbau und der Zerlegung des Stahlskelettes auf handliche 1,50 Meter lange Eisenstangen fertig sein. Daß die Arbeit so rasch voranschreitet, verdankt man der großen Leistungsfähigkeit des Kranes: Bis zu 30 Tonnen schwer können die einzelnen Stücke des Senders sein, die zu Boden gelassen werden-ganze frühere Sendeplattformem auf einmal.
Am 10. Juni 1968 war der "Sender Eggegebirge" in Betrieb gegangen, nach gut drei Jahren Bauzeit.
Mit 4,3 Millionen Mark kostete der Turm damals inklusive der technischen Einrichtungen nur ungefähr ein Achtel dessen, was der neue Turm mit 26,5 Millionen Mark ohne die Technik verschlang.
Dabei war er nach Auskunft von Albert Giefers, der seit 14 Jahren die Sendeanlagen betreut, in seiner an den Pariser "Eiffelturm" erinnernden Bauart fast einmalig. Giefers:"solche Türme gab es in Deutschland nur zwei oder drei". Der neue Sendeturm, der genau auf so vielen anderen Anhöhen zu sehen, ist dagegen reinste Massenfabrikation.
Die Mannschaft auf dem Eggekamm erlebte in 27 Jahren natürlich nicht nur Routine, wie Albert Giefers sich erinnert. Vor ein paar Jahren zum Beispiel, da erwischte man zwei jumge Burschen, die offenbar alkoholisiert ganz oben vom Sendemasten die Glühbirnen für die "Flugwarnbefeuerung" geklaut hatten.
Dazu waren sie innen durch den Sendeturm geklettert, was bei der starken elektromagnetischen Strahlung dort oben fast einer Tour durch den Mikrowellenherd gleichgekommen sein muß, erinnert sich Giefers.

Einer wurde gefaßt und vor Gericht gestellt, bekam aber nur ein paar Sozialarbeiterstunden "aufgebrummt", weil nicht nachgewiesen werden konnte, daß just die bei ihm gefundenen Glühbirnen auch von ihm selbst in 150 Meter Höhe abgeschraubt worden waren,oder nicht vielleicht doch seinem unerkannt geflüchteten Kumpan.
Nun, über die Sache ist lange Gras gewachsen. Genauso wie bald über den mächtigen, vier Meter tief eingelassene Betonfundamenten der vier Pfeiler des demontierten Senders trägt. Davon soll nach Auskunft von Telekom-Pressesprecher Hildebrandt jetzt zunächst ein Meter abgefräst werden. Darauf kommt Mutterboden, und dann wird aufgeforstet. Wo gerade noch der stolze Sender stand,da grünen bald schon wieder Fichten.

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